Ich möchte die Leser meines Blogs darauf hinweisen, dass im aktuellen Spiegel unter dem Titel „Wodka, Rum und Dosenbier“ ein Bericht über die Island-Reise von Alexander, Martin, Michael und mir ist, über die hier, hier hier, und hier schon berichtet worden ist. Es wird von mir noch einen ausführlichen Blogbeitrag über unsere Reise geben, denn sie war interessant und aufschlussreich. Da es naturgemäß schwierig ist sieben Tage auf zwei Din-A4 Seiten ausführlich zu beschreiben möchte ich hier das im Spiegel Geschriebene ein wenig ergänzen.

Zuerst einmal unser Terminplan in Reykjavik. Ich muss hier betonen, dass es sich nur um die Veranstaltungen handelt, an denen ich teilgenommen habe. Da Michael eine Gastfamilie zum Couchsurfen gefunden hatte verbrachte er viel Zeit mit den Locals, aber darüber wird er sicher selbst noch einmal berichten. Es kann auch sein, dass ich das Eine oder Andere vergessen haben, vieles wurde spontan organisiert. Alle Ereignisse an denen der Redakteur des Spiegel anwesend war sind mit einem „*“ gekennzeichnet.

Montag 17.10.:

15:20 Uhr: Landung Kevlavik Flughafen*

Dann: fahrt nach Reykjavik*

18:33 Uhr: Buchung des Hotels über eine Internetseite.*

Danach: Fußmarsch zum Hotel und Check In.

20:00 Uhr: Treffen mit Heiða Helgadóttir (Beste Partei) im Lokal Frù Berglaug, Dort wurden dann die Termine für die restliche Woche besprochen.*

Dienstag 18.10.:

13:00 Uhr: Treffen mit Jón Gnarr und der Besten Partei im Rathaus von Reykjavik, danach Teilnahme an Sitzung des Stadtrates.*

15:00 Uhr: Treffen mit der Abgeordneten Birgitta Jónsdóttir im Cafe Hressó und Austausch über den Stand der Icelandic Modern Media Initiative (IMMI).*

18:00 Uhr: Treffen mit einem Isländischem Aktivisten in der Íslenski Barinn, Austausch über den Prozess des Neuschreibens der isländischen Verfassung und über LiquidFeedback.

20:00 Uhr: Interview mit der Reykjavik Grapevine im Cafe Hressó.

Mittwoch 19.10.:

10:30 Uhr: Treffen mit dem Abgeordneten Guðmundur Steingrímsson, der in Island eine neue Partei gründen möchte. Führung durch das isländische Parlament durch Steingrímsson, Austausch über insbesondere den Aufbau einer Partei und Erläutern von Liquid Feedback in der Parteiarbeit.*

16:00 Uhr: Teilnahme am Start der Plattform Better Reykjavik und LiquidFeedback-Präsentation für die Entwickler von Better Reykjavik und Mitglieder der Besten Partei.*

21:00 Uhr: Treffen mit IMMI-Aktivisten und Diskussion über den Stand des Projektes.

Donnerstag 20.10.:

Ab 12:00 Uhr: Auf Wunsch des Spiegelredakteurs unternehmen wir eine Fahrt in die Natur. Der vom Spiegel bezahlte Fotograf ist gleichzeitig Touristenführer und wir bekommen einiges von Islands einmaliger Landschaft zu sehen.*

Freitag 21.10.:

10:00 Uhr: Interview mit Isländischer Zeitung im Cafe Hressó.

11:00 Uhr: Gespräch mit dem Deutschen Botschafter in Reykjavik.

15:30 Uhr: Unterzeichnung „Declaration of Nothing“ zwischen Bester Partei und Piraten im Hús Höfði.*

Samstag 22.10.:

10:00 Uhr: Whalewatching (leider kein Wal gesehen, darf dafür aber jetzt so oft kostenlos mitfahren bis ich einen sehe, hurra)

16:00 Uhr: LiquidFeedback-Vortrag an der Universität Reykjavik

19:00 Uhr: Treffen mit Locals und gemütlicher Ausklang des Abends

Sonntag 23.10.:

Ausklang der Reise, kein besonderes Programm

Montag 24.10.:

Rückflug nach Berlin

So, nun zum Artikel im Spiegel:

Es wird berichtet, am Montag nach der Landung wären wir direkt von der Isländischen Kontaktperson versetzt worden. Die Isländische Kontaktperson war Heiða Helgadóttir, ihres Zeichens einzige Bezahlte Kraft der Besten Partei und zweifache Alleinerziehende Mutter. Nach der Landung schrieb sie mir per SMS, dass sie sich noch in Reykjavik befände und später käme. Statt darauf zu bestehen, dass sie vom 47 km entfernten Reykjavik nach Kevlavik kommt entschieden wir uns mit dem Bus zu fahren. Allerdings bot uns der freundliche Spiegelredakteur an, uns mit seinem Mietwagen mitzunehmen. Wir verteilten uns auf den Mietwagen des Spiegels und der dapd und fuhren in die Innenstadt. Dort angekommen buchten wir uns über eine Internetseite ein Hotel, weil, das ist ja das praktische am Internet, es gibt es überall auf der Welt wo es Internet gibt. Um 20:00 Uhr trafen wir uns dann mit Heiða (Spiegelredakteur war mit dabei) und wir besprachen den Verlauf der Woche.

Es wird berichtet, dass wir unsere Software LiquidFeedback vorstellen, aber nicht unsere Server in Isländische Rechenzentren stellen können:

1. Wir haben LiquidFeedback Guðmundur Steingrímsson vorgestellt, der wie gesagt eine neue Partei in Island gründen möchte, die, so wurde mir berichtet (kann ich nicht bestätigen) in den Umfragen jetzt schon bei 30% steht. Steingrímsson hat übrigens zwei Ministerpräsidenten in seiner Familie, seinen Vater und seinen Großvater. Wir haben LiquidFeedback den Machern von Better Reykjavik vorgestellt, eine von der Stadt eingesetzte Software zum Diskutieren von Problemen. Die Macher zeigten sich schwer begeistert und würden gerne schauen, wie sie LiquidFeedback in Reykjavik produktiv einsetzen können. Wir hatten die Möglichkeit LiquidFeedback an der Reykjaviker Universität vorzustellen und auch hier war das Interesse an einer produktiven Nutzung groß.

2. Wir können unsere Server natürlich in alle Rechenzentren stellen wie wir lustig sind, aber es wäre natürlich besonders attraktiv wenn ein Gesetz wie die IMMI bereits beschlossen wäre. Wir waren zugegebenermaßen überrascht, dass dem noch nicht so ist. Kein Problem, helfen wir jetzt halt dabei mit, dass IMMI realität wird und schaffen durch unseren Trip nochmal ein wenig Aufmerksamkeit für das Projekt.

Es wird darüber berichtet, wie uns am vierten Tag die Realität einholt, wie ich in einem Jeep mit einer Tagesspiegelredakteurin telefoniere. Warum sitze ich auf einmal in einem Jeep? Achja, der Spiegel wollte ein paar Fotos von uns in isländischer Landschaft haben und so fuhren wir alle gemeinsam mit einem Reiseführer los. Auf einem Berg angekommen klingelte das Telefon. Wie das möglich war ist mir bis jetzt ein Rätsel, fleißige isländische Ingenieure müssen vieles richtig gemacht haben, damit man am Arsch der Welt in einem fahrenden Auto noch halbwegs Empfang hat. Der Tagesspiegel berichtete darüber, dass es von Michael einen Antrag zur Reisekostenerstattung von 2000 Euro an die Fraktion gab. Dieser Antrag wurde aus verschiedensten Gründen abgelehnt, insbesondere deswegen, weil eine Zahlung des Geldes illegal gewesen wäre. Ich sollte nun im Jeep dazu Stellung beziehen. Der Jeep war laut, der Empfang war scheiße und der Redakteur des Spiegels lachte mit Alexander und Martin im Hintergrund. Um 20:19 Uhr schickte mir der Redakteur eine Mail mit dem Text des Tagesspiegels, ich Twitterte „Wenn unser Versuch Politik transparent zu gestalten konsequent skandalisiert werden wird, fickt sich die Gesellschaft selbst ins Knie.“ was auch vollkommen richtig zitiert wird.

Ich kann natürlich verstehen, dass man eine Reisegruppe von zukünftigen Abgeordneten, die sich mit dem Bürgermeister einer Hauptstadt, zwei Mitgliedern des Landesparlamentes, dem dortigen Deutschen Botschafter und allen möglichen Aktivsten eines Landes trifft und dabei auch noch eine neue Demokratieform vorstellt, auf eine Flasche Rum, eine Flasche Wodka und zwei Paletten Bier und ein Telefonat in einem Jeep reduzieren möchte. Ich kann auch verstehen, dass man einfach einen Beitrag der dapd über die gleiche Reise nimmt, mit ein paar vermeintlich brisanten Details anreichert und dann nochmal im Spiegel abdruckt.

Ich finds nur schade. Ich finds schade, denn das wird der Reise einfach nicht gerecht. Ich finde es schade in einem Artikel als unreif bezeichnet zu werden, angesichts des Pensums das wir in dieser Woche abgefrühstückt haben. Ich bin gegenüber der Presse sehr offen und mache mich dadurch angreifbar. Ich bin aber so offen weil ich mir wünsche, dass dieser Vertrauensvorschuss als solcher geschätzt wird und Verhalten und Gesprochenes im Kontext gesehen wird. Die Presse hat genausowenig Bock auf abgelutschte Sprachregelungen wie wir. Berichterstattung wie diese führt aber dazu, dass man zur Skandalvermeidung nur noch das sagen wird, was eben nicht skandalisierbar ist. Es wird darüber geklagt, dass Politik und Politiker so weit entfernt vom Geschehen wären und den Kontakt zur Außenwelt verloren hätten. Wie soll ich denn jemanden an meinen Erfahrungen teilhaben lassen, wenn versucht wird, selbst aus einem korrekt abgelehnten Antrag eines Bezirksverordneten eine Affäre zu basteln? Ich will auch weiterhin gegenüber Sympathisanten, Wählern, Menschen und vor allem auch der Presse offen und authentisch sein. Das geht aber nur dann, wenn man anerkennt, dass die, über die berichtet wird, sich im Zweifelsfall eine Gegenöffentlichkeit verschaffen. Ich lasse meine Arbeit als zukünftiger Abgeordneter und als Parteimitglied nicht auf den Konsum von Spirituosen und Belanglosigkeiten während einer voll Arbeitstreffen gepackten Reise reduzieren.

(p.s.: Der Artikel wurde spät nachts geschrieben, ich bin müde, er wird viele Fehler haben. Wenn ihr mögt könnt ihr mir ne korrigierte Fassung an die hier im Blog hinterlegte Emailadresse schicken. Danke)