tl;dr: SMV nicht beschlossen, doof, aber nicht der Weltuntergang. Nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern Werbung für die SMV machen, damit wir sie beim nächsten BPT beschließen können.

Nach dem Bundesparteitag herrscht bei vielen Piraten, darunter viele Mandatsträger und Kandidaten für die Bundestagswahl, Katerstimmung. Die Ständige Mitgliederversammlung, ein ständiger Parteitag, der zwischen Bundesparteitagen tagt, hat zwar eine Mehrheit bekommen, aber eben keine Satzungsändernde Mehrheit. Der von mir vorgestellte „Hardcore SMV“-Antrag bekam gestern nochmal 52%, der Konsensvorschlag aus Mecklenburg-Vorpommern erhielt 64,2%, es fehlten also 1,8% bzw. 23 Stimmen. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei Katja Dathe, Niels Lohman, Michale Rudolph, Klaus Peukert und anderen Piraten bedanken, die im Vorfeld des Bundesparteitages daran gearbeitet haben, dass es auf diesem BPT einen Konsensvorschlag gab.

Es stimmt mich zuversichtlich, dass es eine Mehrheit für die SMV in der Partei gibt. Natürlich hätte ich gerne jetzt schon eine SMV, mit der wir so schnell wie möglich loslegen können, aber ich muss das Votum des BPTs akzeptieren. Ich könnte mich jetzt darüber aufregen, dass die Ergebnisse unserer Parteitage vom Tagungsort abhängig sind, die SMV z.B. in Berlin, Hamburg oder Rostock beschlossen worden wäre, aber auch das führt die Partei nicht weiter.

Mir geht es darum, alle Mitglieder, die sich an der programmatischen Entwicklung der Partei beteiligen wollen zu beteiligen. Das geht meiner Meinung nach mit einem ständig tagenden Online-Parteitag besser, als mit Parteitagen, die sich eben nicht alle Mitglieder zeitlich und oder finanziell leisten können.

Aber, das hat der Parteitag gezeigt, es werden viele Sachen miteinander vermischt, vieles wird noch nicht verstanden. LiquidDemocracy ist nicht gleich LiquidFeedback (Wobei LiquidFeedback meiner Meinung nach derzeit die einzige Software ist, die LiquidDemocracy ordentlich umsetzt), Delegationen sind nicht des Teufels, sondern meiner Meinung nach ein sinnvolles Feature in einer Arbeitsteiligen Gesellschaft und eine ständig tagende Onlineversammlung ist auch nicht schlimmer, als ständig verfügbares Online-Banking oder eine Online-Shop, bei dem ich rund um die Uhr bestellen kann.

Es macht meiner Meinung nach im Moment keinen Sinn, als SMV-Befürworter die Partei zu verlassen. Es macht meiner Meinung nach auch keinen Sinn eine neue Partei mit SMV zu gründen, auch wenn es reizvoll erscheinen mag. So kurz vor dem Ziel müssen wir SMV-Befürworter weitere Überzeugungsarbeit leisten, damit auf einem nächsten Bundesparteitag eine SMV beschlossen wird, die die Basis entsprechend unserem Ideal der Basisdemokratie in Entscheidungen einbezieht. Wenn man als SMV-Befürworter jetzt keinen Wahlkampf für die Piratenpartei machen möchte, so kann man wenigstens innerhalb der Piratenpartei Wahlkampf für die SMV machen. Es ist meiner Meinung nach keine Frage ob wir eine SMV bekommen werden, sondern wann. Wir müssen visionär und progressiv in die Zukunft gucken, wir müssen für unsere Überzeugungen, auch in der eigenen Partei, kämpfen.

Ich schließe mit einem Zitat aus „Politik als Beruf“ von Max Weber:

„Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich. Es ist ja durchaus richtig, und alle geschichtliche Erfahrung bestätigt es, daß man das Mögliche nicht erreichte, wenn nicht immer wieder in der Welt nach dem Unmöglichen gegriffen worden wäre. Aber der, der das tun kann, muß ein Führer und nicht nur das, sondern auch – in einem sehr schlichten Wortsinn – ein Held sein. Und auch die, welche beides nicht sind, müssen sich wappnen mit jener Festigkeit des Herzens, die auch dem Scheitern aller Hoffnungen gewachsen ist, jetzt schon, sonst werden sie nicht imstande sein, auch nur durchzusetzen, was heute möglich ist. Nur wer sicher ist, daß er daran nicht zerbricht, wenn die Welt, von seinem Standpunkt aus gesehen, zu dumm oder zu gemein ist für das, was er ihr bieten will, daß er all dem gegenüber: dennoch! zu sagen vermag, nur der hat den Beruf zur Politik.“