tl;dr: Wer Themen hat, der ist auch nicht mit anderen Dingen in den Medien. LiquidFeedback ist momentan die einzige Struktur auf Bundesebene, die Meinungsbildung mit dem Basisdemokratischen Anspruch der Piraten abbilden kann.

Was im Moment passiert, dass sich Medien auf Dinge wie Rechtsextremismus, Antisemitismus und Sexismus in der Piratenpartei einschießen, das hat auch was damit zu tun, dass wir momentan auf Bundesebene keine Themen setzen.

Statt Debatten anzufangen lassen wir sie uns, wie z.B. beim Urheberrecht, aufdrängen. Dabei ist unsere Position eigentlich klar:

  • Volles Urheberrecht für den Urheber. 10 Jahre nach Tod des Urhebers gehen die Rechte in die Allgemeinheit über.
  • Werke können nur auf Wegen vermarktet werden, die zu Vertragsabschluss bekannt sind.
  • 25 Jahre nach Vertragsabschluss mit einem Verwerter gehen alle Verwertungsrechte wieder zum Urheber zurück.
  • Entkriminalisierung von Peer to Peer Tauschbörsen. Seiten wie Pirate Bay, Megaupload und Kino.to wird es auch mit der Piratenpartei nicht geben.
  • Viele viele andere Regelungen, zum Beispiel kostenlose Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke in Bildungseinrichtungen.

Lustigerweise steht das gar nicht in unserem Bundesprogramm drinnen (obwohl es beschlossen ist), was daran liegt, dass die PDF auf der Bundeswebseite nicht aktuell ist. (Hab Bernd Schlömer ne Mail geschrieben und hoffe, dass unser gesamtes Programm demnächst verlinkt sein wird)

Eine ganz ähnliche Situation (also nicht mit der PDF aber mit den Themen) hatten wir nach der Wahl in Berlin: Der parlamentarische Betrieb lief grade erst an, es gab noch nicht viele politische Themen, da die Ausschüsse noch nicht eingesetzt waren, Medien stürzten sich auf Freunde, die als Mitarbeiter eingestellt wurden oder Deutsches Markensalz. Das passiert jetzt im Bund: Weil sich im letzten Jahr nichts bei den Strukturen der innerparteilichen Meinungsbildung getan hat und LiquidFeedback vom Bundesvorstand ein wenig aufs Abstellgleis gestellt worden ist gibts halt niemanden, der bei speziellen Themen für die Partei spricht. Wir stehen in den Bundesweiten Umfragen bei 13 Prozent und werden jetzt immer mehr wie eine Partei behandelt, die mit eben diesem Ergebnis im Deutschen Bundestag sitzt. Wir werden wie eine Partei behandelt, die vermutlich bald in vier Landesparlamenten sitzen wird. Jetzt kann man natürlich darüber streiten wie fair man das findet, man kann es aber auch einfach akzeptieren.

Welche Schlüsse zieht man jetzt daraus? Lassen wir uns bis zur Bundestagswahl treiben, antworten wir immer „Darauf haben wir noch keine Antwort“ oder versuchen wir sukzessive die Lücken zu schließen?Wenn wir anfangen die Lücken zu schließen, wie machen wir das?

Zu der Frage, ob wir überhaupt die Lücken schließen sollten: Nicht auf Krampf, aber gewisse Dinge kann man ja priorisieren. Das bedeutet insbesondere für den nächsten Programmparteitag in Bochum, dass Themen auf der Tagesordnung behandelt werden sollten, die noch nicht im Parteiprogramm vertreten sind, natürlich nur wenn sie eine Qualität haben, dass wir sie guten Gewissens beschließen können.

Da kommen wir zur nächsten interessanten Frage, wie stellen wir diese Qualität sicher? Wer mich kennt wird sich über die Antwort nicht wundern: LiquidFeedback. LiquidFeedback ist unser Alleinstellungsmerkmal und es ist die große Chance, langfristig als Partei dynamisch zu bleiben und eben nicht zu verknöchern. Aus der Erfahrung zwei Bundesparteitage inhaltlich mit vorbereitet zu haben kann ich sagen: Ein Antrag, der in LiquidFeedback war unterscheidet sich deutlich von einem, der es eben nicht war. Er hat schon allein sprachlich eine andere Qualität und dadurch, dass viele Mitglieder an seiner Entstehung mitgewirkt haben eine ganz andere Bekanntheit innerhalb der Partei.

Von daher schon mal mit Blick auf den Bundesparteitag, der in einer Woche stattfinden wird: Kandidaten, die sich zur Wahl des Bundesvorstandes stellen und sich nicht klar zu LiquidFeedback bekennen kann ich nicht ernst nehmen. Was es dann nämlich für einen Eiertanz gibt haben wir im vergangenen Jahr erlebt und erleben wir jetzt.