tl;dr: Das sogenannte Investigativmagazin „Klartext“ des RBB ist so investigativ, dass es bereits während der Recherche zu einem Beitrag über die Piratenfraktion eine Vorankündigung über diesen Beitrag veröffentlicht, der den tendenziösen Charakter der Berichterstattung des Magazins unterstreicht.

In der letzten Woche habe ich einen Gesetzesentwurf für eine Urheberrechtsreform veröffentlicht. Im Rahmen der Berichterstattung bekamen Fraktionsmitglieder, unter anderem auch ich, eine Anfrage vom RBB-Magazin Klartext. Klartext ist eine von den Sendungen, wo man als Zuschauer suggeriert bekommt, hier gingen die Redakteure ganz tief, bis dahin wo es wehtut. Die Dinge, über die halt sonst keiner berichten will. Daher spart man auch bei der Selbstbeschreibung nicht mit Eigenlob:

„Unsere Autoren decken mit eigenen Recherchen gesellschaftliche Missstände auf – unabhängig von politischen Parteien und Ideologien. Eine Sendung, die bei der Berichterstattung keine Konflikte scheut: glaubwürdig, aktuell und verständlich.

Alle 14 Tage Klartext. Mittwoch um 22:15 Uhr.

Leitung der Sendung: Reinhard Borgmann“ Quelle

Die Piraten kamen schon zwei oder drei mal bei Klartext vor, ich wurde zweimal von der Redakteurin Iris Marx interviewt. Die Gespräche laufen immer nach dem selben Muster ab: Es werden eine halbe Stunde oder länger aggressiv immer wieder dieselben Suggestivfragen gestellt, am Ende wird das denkbar dümmste Zitat in einen tendenziösen Bericht geschnitten.

Momentan sieht die sogenannte Recherche von Frau Marx in Sachen Urheberrechtsentwurf so aus, dass sie unsere Pressestelle mit Mails bombardiert und immer wieder dieselben Fragen stellt. Ein Fraktionsmitglied stand bereits für sie vor der Kamera, ein weiteres hat wohl für einen O-Ton zugesagt. Das heißt zum jetzigen Zeitpunkt könnte man davon ausgehen: Der Bericht ist noch nicht fertig, es wird noch recherchiert, die Redakteure von Klartext, namentlich Iris Marx, riskieren mal wieder ihr Leben, um schonungslos die Wahrheit ans Licht zu bringen.

Aber: Weit gefehlt, die Redaktion von Klartext bzw. Iris Marx wissen schon worum es gehen wird. Auf der Webseite von Klartext findet man nämlich bereits jetzt eine Vorankündigung zur nächsten Sendung. Dort erfährt man:

„Piraten, die keine Piraten mehr sein wollen – von der Revolution zum Revolutiönchen

Die Legalisierung der Piraterie im Internet – war den Piraten von Beginn an so wichtig, dass sie das Thema sogar im Namen tragen. Die Partei ist angetreten, ein komplett neues Urheberrecht zu schaffen. Kurz vor ihrer Landesmitgliederversammlung haben die Berliner Piraten dazu nun einen ersten Entwurf vorgelegt: Die angekündigte Revolution bleibt aus. Anstatt die Politik von Grund auf zu ändern, hat die Politik offenbar sie verändert.“ Quelle

Auf eine telefonische Nachfrage bei der Redaktion von Klartext, seit wann denn dieser Text da schon stehen würde konnte man mir keine Antwort geben. Ein Versprochener Rückruf blieb aus. Bei Klartext würde man jetzt in reißerischem Ton sagen, dass die Redaktion mit den Vorwürfen konfrontiert zu einer Stellungnahme nicht bereit war.

Klartext und Iris Marx wissen also schon, wie der Tenor des Beitrags sein wird, zu dem momentan noch eine sogenannte Recherche stattfindet, zu dem noch O-Töne von Fraktionsmitgliedern eingeholt werden, ein Beitrag, der im Moment noch nicht mal geschnitten ist.

Da kann ich nur sagen: Chapeau! Ich bezahle gerne Gebührengelder, um tendenziöse Berichterstattung zu finanzieren. Nicht nur der Boulevard oder „Bild“ gehen mit grenzwertigen Methoden bei der Berichterstattung vor. Grade die vermeintlich investigativen Formate der öffentlich-rechtlichen Sender sind mit Abstand das mieseste, was mir bisher in Punkto Berichterstattung untergekommen ist.

Besonders toll: Iris Marx ist auf Twitter richtig froh darüber, nicht selbst in ihren Beiträgen vorkommen zu müssen.

Manchmal bin ich froh, nicht mein eigener Protagonist zu sein. Auch Reporter irren…

— Iris Marx (@irisma8) September 6, 2012